Das Sternenzelt
Seit meinen Anfängen in der Fotografie war für mich die Nacht das Thema Nummer eins. Den Startschuss in die Fotografie legte mein Teleskop, was aber bald der ersten Spiegelreflexkamera weichen musste.
Schon immer war es mein Traum die unzähligen viele Lichtjahre entfernten Objekte am Himmel zu suchen und zu beobachten. Nur leider war ich damals zu jung, ein 30kg Teleskop bewegt man ohne ein Auto nicht gerade weit. Es kam wie es musste, das Teleskop blieb grösstenteils in der Garage stehen, denn selbst wenn es klar war, konnte man am Himmel kaum etwas erspähen. Die Lichtverschmutzung nimmt uns im Flachland jede Chance nur schon die wirklich helle Milchstrasse zu erblicken, geschweige den Objekten wie Ringnebel etc.
So erstaunt es kaum, das meine Kamera heute lediglich in den Alpen unseren Sternenhimmel aufzeichnet.
Soviel als kurze Einleitung, wieso und warum ich überhaupt Nachts mit der Kamera raus gehe.
Heute geht es nämlich um den VIXEN POLARIE, einen sehr kompakten Star-Tracker für kurze Brennweiten. Ganze 7 Jahre hat es gedauert bis ich mir nun endlich ein Nachführgerät angeschafft habe, wieso es der Polarie wurde erkläre ich weiter unten.
Nun zu den Fakten...
Wer schon einmal den Himmel Nachts fotografiert hat, der weiss wie gut die heutigen Sensoren unserer Kameras sind und hat sicher nicht schlecht gestaunt was nach 30sek. Belichtung auf dem Display erscheint, nicht wahr? ;-)
Bei mir war das Anfangs genauso. Mit den Jahren war ich dann aber immer mehr enttäuscht von der Qualität meiner Nachtbilder, so dass ich nach und nach die Motivation verloren habe weitere Nachtbilder zu machen.
Wieso ist denn aber die Qualität Nachts dermassen schlechter als am Tag?
Das hängt von mehreren Faktoren ab;
einerseits arbeitet man in der Nacht häufig mit Offenblende (meist F/1.8-2.8)
andererseits bewegt man sich am oberen Ende der ISO Leistung der heutigen Sensoren (meist ISO 6400),
als wäre das noch nicht genug kommt der Faktor der Erdrotation noch dazu. Sprich, aufgrund der Bewegung der Erde ergibt sich eine Formel die lautet 400:Brennweite=max. Verschlusszeit.
Auf gut deutsch würde das heissen, mit einem 400mm Objektiv kann man den Himmel genau eine Sekunde Belichten.
Belichtet man länger, werden die Sterne nicht mehr als Punkte sondern als feine Striche abgebildet.
Als normaler Landschaftsfotograf mag einem das jetzt komisch vorkommen, aber die Astrofotografen arbeiten mit weit über 400mm und brauchen dafür riesige, schwere Montierungen die auch ein Gewicht jenseits der 20 KG korrekt nachführen können.
So können wir festhalten:
Offenblende + Hohe ISO + begrenzte Verschlusszeit = mässige Qualität
Was macht denn jetzt ein Star-Tracker?
Wie es der Name andeutet "trackt" er die Sterne, sprich er verfolgt Sie.
Es gibt verschiedene Arten von Trackern, die einen (wie der Polarie) arbeiten mit der siderischen Rate, die in etwa der Erdrotation entspricht. Die anderen laufen ebenfalls nach dieser Rate, haben aber zusätzlich eine Software die den "Kurs" immer wieder korrigiert und selbstständig Objekte ansteuern kann. Das ist vor allem bei langen Brennweiten hilfreich.
(Das lasse ich so stehen, sonst sprengt es den Rahmen dieses Blogs und Ihr habt keine Lust mehr, irgendwas über dieses Thema zu lesen...)
Für alles bis 200mm würde ich den Polarie nach bisherigen Tests absolut empfehlen.
Was der Polarie bietet
- Siderischer Tracking Modus (Sternengeschwindigkeit)
- halbe Sternengeschwindigkeit
- Mond Tracking
- Sonnen Tracking
- Umschaltung von Nord- (rote Beleuchtung)
auf Südhalbkugel ( Grüne Beleuchtung)
- USB Mini-B Port
Laut Hersteller soll ein Gewicht von bis zu 3Kg problemlos gehalten werden können.
Diese Montierung gibt es nun schon seit 2014 in unveränderter Form, was mich bisher von einem Kauf abhielt, waren tatsächlich diese 3Kg. Die aktuellen Spiegelreflex Kameras und die lichtstarken Objektive bringen gerne 3 oder mehr auf die Waage. Ich meinerseits habe gern etwas Reserve, egal in welchem Bereich und so habe ich noch zugewartet.
Mit dem Umstieg auf ein Spiegelloses System waren dann die Bedenken wesentlich kleiner und so habe ich den Schritt gewagt und mir bei Kropf Multimedia meinen Polarie gesichert.
Ein weiterer Grund war die geplante USA Reise diesen Frühling, welche nun aufgrund der Corona Krise leider nicht zustande gekommen ist. Hier in der Schweiz sind wir ja leider nicht sehr verwöhnt mit perfekt, wolkenlosen Nächten. Im Südwesten der USA sieht das ganz anders aus. Genau deshalb und wegen der geplanten Reisedauer von einem Monat, sollte sich diese Investition mehr als lohnen, so war zumindest der Plan...
Glücklicherweise ist in der Schweiz die totale Ausgangssperre bisher ausgeblieben und so konnte ich die letzten 2 Wochen intensiv nutzen um mich der Milchstrasse zu widmen. (Natürlich stets alleine und unter Einhaltung der gegebenen Vorschriften!)
Gleich in der ersten Nacht musste ich feststellen, dass die normalen AA-Batterien sehr schnell schlapp machen, besonders bei Minusgraden.
So kommt ab jetzt eine fix installierte Powerbank zum Einsatz, welche den Polarie auch über mehrere Nächte hinweg am laufen hält.
Darüber hinaus ist mir eine Stirnlampe mit Rotlicht Modus sehr wichtig, sowie ein gescheiter Kabelfernauslöser mit Timer.
Der Vergleich
Auf das habt ihr gewartet, oder? ;-)
Heute musste ich etwas im Archiv stöbern bis ich eine Aufnahme gefunden habe mit 50mm und ähnlichen Einstellungen.
Da die Milchstrasse nur kurz zu sehen ist im Frühling und schnell in der Dämmerung verblasst, hat es mir nich gereicht um alle Vergleichsbilder jetzt aufzunehmen. Das ist aber nicht weiter tragisch, denn der Unterschied ist so oder so gigantisch...
Wie geschrieben zeige ich euch einen Vergleich von Aufnahmen die mit 50mm aufgenommen wurden.
Das ist eine super Brennweite um alle vorhin behandelten Kriterien zu verdeutlichen.
Wenn wir uns zurück erinnern haben wir 3 Dinge die uns limitieren, richtig?
Hier seht ihr 2 unbearbeitete RAW Aufnahmen, einmal mit und einmal ohne Tracker.
Beim linken Bild wäre die maximale Belichtung bei 8sek. gewesen, aufgrund der hohen Megapixel meiner Nikon D800 sah man dann aber bereits ein kleine Strichbildung.
Beim rechten lag die Grenze bei etwas weniger als 90sek, wobei hier sicher noch mehr möglich wäre. Später mehr dazu...
Nikon 50mm F/1.4
@ F/1.4 ISO 6400 6sek.
Nikon D800
Der Unterschied in Sachen Rauschen und Schärfe ist gigantisch.
Allein die Tatsache, dass beim rechten Bild alle Sterne, (selbst in den Bildecken) frei von optischen Fehlern sind, ist unglaublich.
Darüber hinaus wirkt das Bild zwar extrem flach, was aber in der Nachbearbeitung positiv zum Tragen kommt.
Nikon 50mm F/1.4
@ F/4.5 ISO 6400 80sek.
Nikon Z7 + VIXEN Polarie
Wie man sieht ist das bereits ein riesen Sprung in Sachen Qualität, nur kann man noch wesentlich mehr erreichen.
Am folgenden Beispiel sieht man eindrücklich wie die Qualität erneut einen grossen Schritt nach vorne macht, besonders im Bezug auf das Bildrauschen.
Damit man ein solches Ergebnis erreicht, ist es notwendig 10 oder mehr Aufnahmen mit den selben Einstellungen aufzunehmen und anschliessend mit einer Software zu überlagern. Diese Programme rechnen anhand der Bilddaten das Rauschen aus den Bildern heraus und liefern eine praktisch rauschfreie Datei. Mit dieser Datei sind dann erneut grosse Fortschritte in der Bildentwicklung möglich und kleinste Details in der Milchstrasse werden sichtbar.
Die Programme sind Sequator für Windows und StarryLandscapeStacker für MacOS
Auf den ersten Blick wirkt das Bild auf der rechten Seite irgendwie unscharf, das kommt daher das die Aufnahme einfach ausgewogener ist. Sprich, der Unterschied von hellen und dunklen Stelle fällt weniger stark aus, als er das in der Einzelbelichtung noch tat. Besonders schön anzusehen ist es nicht, zugegeben. Aber sind wir ehrlich, wer war schon nicht enttäuscht als er seine erste RAW Aufnahme in Lightroom oder Photoshop betrachtet hat?
Genau den selben Effekt sehen wir hier und jeder der weiss welche Vorteile ein so flaches Bild mit sich bringt, der weiss wie viele Informationen in der Datei enthalten sind.
Nachfolgend seht ihr das fertig entwickelte Bild mit all den Details und Farben, die bei einer Einzelbelichtung ohne Tracker dem starken Rauschen zum Opfer fallen.
Im zweiten Teil zum Thema Astrofotografie und Star-Tracker, gehe ich auf die Aufnahme- und Bearbeitungstechniken ein und erkläre dort meine Vorgehensweise "on Location" und Zuhause am Rechner.
Fazit: was mir am Polarie super gefällt ist die einfache Handhabung. Kennt man erstmal die Position des Polarsterns steht einer erfolgreichen Nacht nichts mehr im Wege. Das Ausrichten geht ziemlich flott von statten und man erzielt schnell atemberaubende Ergebnisse. Einzig das man 2 gute Kugelköpfe benötigt ist ein kleiner Nachteil. Der Betrieb mit der Powerbank empfinde ich als super Alternative zum Batteriebetrieb.
Für mich wird es zukünftig wohl keine "einfachen" Nachtaufnahmen mehr geben. Die Qualität die mir dem Polarie hier ermöglicht ist wirklich atemberaubend und so nehme ich den Mehraufwand gerne in Kauf, weil für mich gibt es nichts ärgerlicheres, als das man zwar eine schöne Aufnahme im Kasten hat, diese jenseits von Social Media aber für nichts gebrauchen kann. Wozu sollte ich dann noch die 30Kg Gepäck in die Berge schleppen? Nur für ein paar Likes?
NEIN! Für mich ist das nicht der Weg den ich gehen möchte. Mein Anspruch sind Bilder die eine Geschichte erzählen. Einen wichtigen Moment festhalten und gleichzeitig als hochwertiger Print gedruckt werden können.
Christine Jenni (Samstag, 25 April 2020 10:54)
Dein Bericht ist für mich sehr wertvoll. Ich habe mich schon etwas mit der Milchstrassenfotografie befasst, doch verstehe ich das Ganze nun noch viel besser. Dein Endresultat ist wunderschön! Vielen Dank und ich freu mich schon auf Teil 2
Lukas (Samstag, 18 April 2020 17:43)
Liebe Nadine, es freut mich gefällt dir der Beitrag! Es isch schön zuhören, das es nicht nur mir so ergeht bei der Nachtfotografie.
Teil II werde ich demnächst erarbeiten und bald nachreichen :-)
Beste Grüsse
Nadine (Montag, 13 April 2020 17:12)
Super Beitrag über ein spannendes Thema! Bin schon auf Teil 2 gespannt. :-) Ich fotografiere nicht viel in der Nacht, kann aber gut nachvollziehen, was deine Beweggründe für den Tracker waren. Denn wenn ich mal Milchstraßen-Aufnahmen mache, ärgern mich dieselben Dinge.